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November, 2015

  1. Sud Nr. 47 „Disturbia Licorice Peppermint Porter“

    November 22, 2015 by Heiko

    Hmm … klingt beim Lesen schon irgendwie irritierend, denn da kommt wirklich rein, was im Namen steht. Lakritz und Pfefferminz. Auch wenn sich vielen jetzt schon die Geschmacksknospen nach innen stülpen, ist das alles halb so gruselig, wenn man sich ein bisschen damit beschäftigt. Ich braue sehr viele sortenreine Biere, so dass alle paar Sude auch mal ein Experiment in den Kessel muss. Diese Zutaten müssen natürlich zu einem Bierstil passen. Lakritz in einem  Münchener Hellen? Eher nicht. Aber z.B. ein Porter ist als Basis dafür prädestiniert. Es ist dunkel und geschmacksintensiv, schmeckt gerne mal mach dunkler Schokolade, Kaffee, Nuss und geröstetem Brot. Für das Magnificent Seven Robust Porter hab ich schon mal was darüber geschrieben. Häufig findet man in Portern (also ich zumindest) bereits dezente Aromen, die an Lakritz erinnern. Allerdings stammen die nicht von Lakritz selbst, sondern von den eingesetzten Spezialmalzen und deren Zusammenspiel. Das kann man doch auch noch ein bisschen forcieren habe ich mir gedacht.

    Zunächst habe ich einige Experimente gestartet und versucht, den Geschmack mit Süßholz zu erzeugen. Lakritz ist ja nichts anderes als konzentriertes Süßholzextrakt. Dazu habe ich getrocknetes Süßholz im Reformhaus besorgt und Auszüge in verschiedenen Konzentrationen (von 1 Gramm pro Liter bis 4 Gramm pro Liter) in kochendem Wasser gemacht. Das Ergebnis? Naja, sagen wir es kam dann eher einem winterlichen Tee nahe als den gewünschten Lakritznoten. Mit ein bisschen Ingwer, Kardamom und Anis wär’s ein feiner Tee für die kalte Jahreszeit gewesen. Den Ansatz habe ich also verworfen. Da Lakritz wie man es z.B. von Haribo der Katjes aus dem Supermarkt kennt, zusätzliche Inhaltsstoffe wie diverse Zuckerarten, Stärke oder Gelatine, Farbstoffe, Überzugsmittel wie Carnaubawachs und häufig zusätzliche Aromen enthält kam das natürlich nicht in Frage.

    Auf der Suche nach reinem Lakritz Extrakt bin ich dann auf sogenanntes „Erwachsenenlakritz“ aufmerksam geworden. 100% reines Lakritz ohne jegliche Art von Zusatzstoffen. Es enthält einen hohen Gehalt an Salmiak (was den typischen Lakritzgeschmack ausmacht), ist tiefschwarz und hart wie Stein. Mit diesem Laktritzgranulat habe ich dann einen erneuten Auszug mit (0,5 Gramm pro Liter bis 2 Gramm pro Liter) kochendem Wasser gemacht. Letztlich war bei rund 1 Gramm das Aroma so, wie ich es mir vorgestellt habe.

    Das Porterrezept, das ich als Ausgangsbasis zusammengestellt habe, besteht aus ca. 40% Hafermalz und zu 40% aus britischem Marris Otter Pale Ale Malz. Für den malzigen „Mittelbau“ des Bieres sollen zudem Münchener und Cara Aroma Malz sorgen. 5% Pale Chocololate Malt geben dem Porter einen nussig-Schokoladen Ton und 10g Black Malt auf 2kg Schüttung schieben die Farbe in den schwarzen Bereich und geben dem Bier ein röstig scharfe Note, ohne zu brenzlig zu schmecken.

    Nun kommt das Lakritz in Spiel. 30 Minuten vor Ende des Hopfenkochens habe ich dann 9 Gramm Lakritz in die Sudpfanne gegeben. Die Granulatkörner haben sich innerhalb von ca. 15 Minuten langsam aufgelöst und eine dezenten Lakritzduft verströmt. Bis hierher schon sehr spannend.

    Um dann? Ach ja Pfefferminz. Warum Pfefferminz? Schoko und Minze ist eine traditionelle Mischung, die gerne in der Konfiserie und Patisserie verwendet wird. Naja und After Eight kennt ja eh jeder. Auch Lakritz und Minze kommen in Süßigkeitenmischungen sehr häufig zum Einsatz und harmonieren wunderbar. Also habe ich einen Topf Bio-Pfefferminze besorgt und auch hier mit der Dosierung experimentiert.

    minze

    5 mittelgroße Blätter pro Liter habe ich dann als Dosierung der Wahl ermittelt, um einen gaaaanz dezenten Minzton zu erzeugen. Die Blätter kamen dann grob gehackt nach Kochende zum Nachisomerisieren für 10 Minuten in die Sudpfanne. Wie das das am Ende dann harmoniert, welche Noten herauskommen, welche überdeckt werden und welche vielleicht bei der Gärung ausgetrieben werden weiß ich bis jetzt nicht. Das wird wie immer die Geduld zeigen. Wenn alles glatt läuft wird’s ein Bier für Weihnachten.

    to be continued …

    UPDATE vom 06.12.2015

    Nach wenigen Tagen hatte die S-04 Hefe die Stammwürze von 14° auf 5,2° Plato Restextrakt verarbeitet und einen dicken Bodensatz gebildet. Zu dem Zeitpunkt dachte ich, das wäre (hoffentlich) noch nicht das Ende der Fahnenstange, denn 5,2° Plato ist dann doch relativ viel als vermeintliches Endergebnis der Gärung. Auch nach weiteren 1,5 Wochen Geduld, einer leichte Temperaturerhöhung und mehreren Messungen hat sich jedoch keine weitere Extraktverringerung mehr ergeben. Möglichweise wirken sich die Inhaltsstoffe des Lakritz negativ auf den Metabolismus der Hefe aus. Keine Ahnung. Und so habe ich letzendlich abgefüllt und mal eine Nase genommen. Oha, wenn ich da mich trotz Tests mal nicht mit dem Lakritz überdosiert habe! Das Jungbier läuft wie Schweröl aus dem Silikonschlauch und verströmt einen recht aufdringlichen Lakritzgeruch.

    dlpp

    Allerdings nicht dieser süßliche-anisartige Latritzgeruch, den man z.B. auf Weihnachtsmärkten findet oder von den Produkten von Hans Riegel aus Bonn kennt, sondern eher irgendwie mineralisch-würzig. Ich glaube das Bier muss bis zur Trinkreife einige Zeit lagern. Mal abwarten, was ich da verbrochen habe.!?

    UPDATE vom 24.03.2016

    Der metallische, mineralische Geruch und Geschmack hat sich in 3,5 Monaten nicht abgebaut. Das Bier ist leider in dieser Form nicht genießbar. Und so muss ich schweren Herzens tun, was ich vorher noch nie tun mußte:

    ausguss

    Annähernd ein ganzer Kasten wunderschönes, aber leider untrinkbares Bier ist geade in den Ausguss gewandert. Hmm, was sind die Erkenntnisse aus diesem Versuch? 100% reines Erwachsenenlakritz ist ne Bitch. Die Dosierung muss vermutlich um 70-80% verringert werden oder besser durch hochwertiges Süßwarenlakritz ersetzt werden.


  2. Sud Nr. 45 Fermentus „Five Grain Red Smoke Ale“ und Sud Nr. 46 „The Manfred German IPA“

    November 2, 2015 by Heiko

    Am Samstag, den 31.10.2015 habe ich zum ersten Mal einen Minidoppelsud auf der kleinen Anlage gebraucht. Mittlerweile braue ich am liebsten in der (knapp) 10 Liter Klasse. Das ist zwar vom Bierausbeutefaktor (gemessen am Arbeitsaufwand) ziemlich ineffizient, aber auf diese Weise kann ich mehr Rezepte und Stile ausprobieren, ohne gleich 25 oder 45 Liter pro Sorte im Keller stehen zu haben. Klingt zwar jetzt für den einen oder anderen irgendwie absurd („Zu viel Bier im Keller?“), aber auch trotz dieser verhältnismäßig kleinen Braumengen habe ich absolut keinen Mangel.  Und das Brauen macht ebenso viel Spaß wie das Verkosten.

    Obendrein ist ja manchmal auch schon das eine oder andere Rezept dabei, dass entweder sehr „experimentell“ (ThaiPA, Pumpkin Ginger Ale“, etc.) oder „masseninkompatibel“ (Black IPA, Scotty McMalt, Grätzer, etc.) ist, so dass man es nicht unbedingt jedem anbieten kann.
    Dieses Mal standen ein „Five Grain Red Smoke Ale“ und ein „German IPA (The Manfred)“ auf dem Todo Zettel.

    Five Grain Red Smoke Ale

    Der Name beschreibt bereits grob, worum es sich hierbei handelt.

    Five Grain

    … weil fünf verschiedene (vermälzte) Getreidesorten zum Einsatz kommen: Hafer-, Roggen-, Weizen-, Dinkel-, und Gerstenmalz. Roggen-, Weizen-, Dinkelmalz sind spelzenlose Getreide, d.h. die Getreidekörner haben im Vergleich zu Gerstenmalz keine umhüllendes Deckblatt. Das kann man schön in den folgenden Abbildungen erkennen.

     

    Dinkel ist zudem eng mit unserem Weizen verwandet, weswegen ich ihn beim Brauen wie Weizenmalz behandle. Trotz optischer Ähnlichkeit unterscheidet sich Roggenmalz hingegen nochmal deutlich. Im Vergleich zu Gersten- oder Weizenmalz ist der Anteil von sogenannten Pentosanen viel höher. Pentosane sind Schleimstoffe (auch „Gummistoffe“ genannt), die die Viskosität der Maische stark erhöhen und je nach Schüttungsanteil ein besonderes Maischeschema erfordern. Diese Pentosane können in einem enzymatischen Prozess durch Aktivierung der malzeigenen Enzyme in einem Temperaturbereich von ca. 35-45°C aufgeschlossen werden. Deswegen hält man bei Bieren mit hohen Roggenanteilen eine sogenannte Pentosan- oder auch Gummirast, um deren Abbau zu fördern und u.A. die spätere Läuterarbeit zu verbessern. Da meine Schüttung, aber nur ca. 5% Roggenmalz enthält, habe ich einfach niedrig eingemaischt und dann langsam bis zur Maltoserast erhitzt. Dabei habe ich zusätzlich auch den Bereich für die Eiweißrast (ca. 54-57°C) durchlaufen.

    Red

    … steht natürlich für die Farbe. Hierzu kommt zusätzlich rotes Karamellmalz, Melanoidin– und Münchener Malz zum Einsatz um eine schönen Kupferton ins Bier zu bringen.

    Smoke

    … steht für den Einsatz von rund 1/3 Rauchmalz in der Schüttung. Hierbei handelt es sich um über Buchenrauch geräuchertes helles Braumalz. Manch einer kennt vielleicht das „Aecht Schlenkerla Rauchbier“ aus Bamberg, wobei es sich hierbei sicherlich um einen der härtesten Vertreter der Rauchbiere handelt. Es schmeckt, als hätte ein Stück Schwarzwälder Schinken im Bierfass überwintert und ist extrem Geschmacksache. Auf jeden Fall habe in letzter Zeit ein bisschen die rauchigen Biere für mich entdeckt. Mein Bier soll eine merkliche, aber dennoch nicht übertriebene Rauchnote bekommen. Den Erfahrungen anderer Hobbybrauer habe ich entnommen, dass es vor Allem auf das Alter des Rauchmalzes ankommt. Frisch vermälzt und in den Handel gebracht, soll das Aroma sehr intensiv sein. Älteres Rauchmalz soll sehr stark nachlassen. Da ich das Malz nicht direkt vom Hersteller beziehe, sondern aus einem Hobbybrauershop ist das Produktionsdatum für mich nicht transparent. Rein sensorisch roch das rohe Malz  zwar rauchig, aber nicht übermäßig intensiv. Bin gespannt.

    Ale

    … zu guter Letzt steht schlicht und ergreifend für ein obergäriges Bier (engl. Ale). Hierzu kommt die Nottingham Hefe zum Einsatz.

    „The Manfred“ German IPA

    Einige IPAs habe ich bereits gebraut und war in der Regel auch ganz zufrieden damit. Neben der deutlichen Bitterkeit spielen hierbei vor Allem die intensiven Stopfhopfearomen eine Rolle. Hierzu kommen meinst fruchtige (überwiegend amerikanische) Hopfensorten zum Einsatz. Mein Ziel war es, lediglich auf deutsche Hopfenzüchtungen zurückzugreifen und zu schauen wie diese in einem IPA zur Geltung kommen. Die Brauerei Camba Bavaria hat bereits ein solches (im Übrigen sehr leckeres) German IPA auf dem Markt.

    Als Hopfensorten habe ich mir T’N’T, Hallertauer Tradition, Saphir und Fantasia ausgesucht. Ersteren und Letzteren habe ich im Frühjahr als Probepackungen vom deutschen Hopfenanbieter Barth-Haas zur Verfügung gestellt bekommen. Gestopft wird nach der Hauptgärung mit 5g/Liter Saphir. Stopfen mit deutschem Aromahopfen ist auch neu für mich. Bin gespannt und denke der Saphirhopfen ist dafür gut geeignet.

    Aber nun zum Brautag:

    So ein Doppelsud, auch wenn’s nur 2x 8 Liter werden sollen ist dann doch ein wenig anstrengend muss ich sagen. Ich habe im Vorfeld dafür gesorgt, dass ich alle Equipmentbestandteile doppelt habe … bis auf einen Läuterbottich. Damit hätte ich dann zwar alles direkt parallel machen können, aber darauf habe ich bewusst verzichtet. Da hätte man z.T. dann doch vier Hände gleichzeitig gebraucht und den Stress wollte ich mir dann doch nicht antun. Dann verwechselt man doch mal schnell Sud 1 und Sud 2 und der Plan ist dann schnell dahin.

    equipment

    So habe ich zweiten Sud leicht zeitversetzt angesetzt, so dass ich die beiden Sude gut verzahnen konnte. Zunächst habe ich das Five Grain Red Smoke Ale in Kessel 1 eingemaischt und das Maischeschema wie geplant durchgezogen. Zum Abmaischen habe ich dann das Malzschrot des German IPA in Kessel 2 eingemaischt und dann mit dem Läutern von Sud 1 begonnen. Das ging ganz gut.

    maischen

    Links: Einmaischen des Malzschrots für das German IPA, rechts: Maische des Five Grain Red Smoke Ale kurz vor dem Abmaischen,

    Auch wenn der Ablauf sehr straff und ein bisschen anstrengend war, ist der Brautag ohne besondere Vorkommnisse abgelaufen und nach insgesamt ca. 8 Stunden standen die beiden Sude in Ihren Eimern zum abkühlen. Mit der folgenreichen Hefeverwechslung im Hinterkopf, habe ich dann am Morgen des Folgetages mit absoluter Konzentration die beiden abgekühlten Würzen mit der Nottingham (Five Grain …) und US-05 angestellt.

    Bei all der Konzentration auf die Hefe habe ich dann beim Umschlauchen des IPA vergessen, den Hahn am „Zieleimer“ zuzudrehen. Das resultierte dann in einer klebrigen Pfütze auf dem Fußboden und kostete mich einen knappen 3/4 Liter Würze. Ich glaube, offene Hähne sind neben gebrochenen Spindeln die „beliebstesten“ Dummheiten beim Brauen. 

    Hier noch die Rezepte.

    Rezept „Fermentus The Manfred German IPA“

    Ausschlagmenge: 8l
    Stammwürze: 15.8°P
    Alkohol: 6.8%vol
    Bittere: 48IBU
    Farbe: 16EBC

    Schüttung:
    1650g Pale Ale Malz (71%)
    230g Karamellmalz Hell (10%)
    230g Münchner Malz Typ II (10%)
    230g Haferflocken (10%)

    Zusätze:

    Wasser:
    Hauptguss: 7.3l
    Nachguss: 5.0l

    Maische:
    2340g Schüttung Einmaischen in 7.3 Liter Wasser mit 71°C ergibt 67°C. 90 Minuten Rast.
    Abmaischen wenn Jodnormal

    Hopfen:
    10g TnT Pellets 8.8%a zur Vorderwürze, 80min Kochen
    5g TnT Pellets 8.8%a 60min Kochen
    16g Hallertauer Tradition Pellets 4.5%a 10min Kochen
    20g Saphir Pellets 2.9%a Whirlpool 80°C
    20g Fantasia Pellets 12%a Whirlpool 80°C
    40g Saphir Pellets 2.9%a 7 Tage Stopfen

    Hefe:
    Fermentis Safale US-05, Gärung bei 18°C

    Kommentar:
    Würze nach Kochende und Nachisomerierungszeit mit abgekochtem Wasser auf 80°C abkühlen und dann die Whirlpoolgaben machen. Restalkalität von Hauptguss und Nachguss mit Milchsäure auf 0°DH einstellen

    Rezept „Fermentus Five Grain Red Smoke Ale“

    Ausschlagmenge: 8l
    Stammwürze: 15°P
    Alkohol: 6.2%vol
    Bittere: 26IBU
    Farbe: 26EBC

    Schüttung:
    600g Wiener Malz (29%)
    600g Rauchmalz (29%)
    250g Münchner Malz Typ II (12%)
    100g Karamellmalz Rot (5%)
    100g Melanoidinmalz (5%)
    100g Haferflocken (5%)
    100g Roggenmalz (5%)
    100g Dinkelmalz (5%)
    100g Weizenmalz hell (5%)
    5g Röstmalz Spezial Typ II (0%)

    Wasser:
    Hauptguss: 7l
    Nachguss: 5l

    Maische:
    2055g Schüttung Einmaischen in 6.8 Liter Wasser mit 40°C. 15 Minuten Rast.
    Aufheizen auf 50°C. 5 Minuten Rast.
    Aufheizen auf 62°C. 30 Minuten Rast.
    Aufheizen auf 72°C. 30 Minuten Rast.
    Abmaischen bei 78°C wenn Jodnormal

    Hopfen:
    9g Hallertauer Tradition Pellets 4.5%a 60min Kochen
    10g Hallertauer Tradition Pellets 4.5%a 30min Kochen
    5g Tettnanger Pellets 4.1%a 5min Kochen

    Hefe:
    Danstar Nottingham Ale, Gärung bei 18°C