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Posts Tagged ‘Belgien’

  1. Sud Nr. 83 – „Fermentus Callista Saison“

    März 28, 2018 by Heiko

    Mein erster Brauchversuch mit der (relativ) neuen Hopfenzüchtung Callista aus Hüll in der Hallertau. „Relativ“, weil es den Hopfen bereits in der zweiten (oder sogar dritten) Ernte auf dem breiten Markt gibt. Am Anfang kommt mal als „krümelverwertender“ Hobbybrauer, der am Ende der Nahrungskette steht, an neue Züchtungen natürlich erst gar nicht ran. Seit einigen Jahren werden sowohl erfolgreiche „ausländische“ Hopfen (maßgeblich aus dem pazifischen Nordwesten der USA) auch bei uns in Deutschland kultiviert, als auch neue Züchtungen entwickelt. Die wachsende Nachfrage nach fruchtigen Hopfen macht’s gleichzeitig möglich und nötig, dass man neben den Traditionellen Hopfensorten wie Mittelfrüher, Tradition, Perle oder Hersbrucker nun auch Hopfensorten züchtet und auf den Markt bringt, an die vermutlich noch vor 10-15 Jahren in der bayerischen Idylle nicht zu denken gewesen wäre. Zu den klassischen kräutrigen, grasigen, blumigen und würzigen Aromen gesellen sich Zitrusfrüchte, Blaubeeren, Pinie, Melisse, Birne, Aprikose und viele mehr. Ist doch toll und wertet sowohl den Rohstoff als auch die daraus entstehenden Produkte auf.

    Callista ist neben (Hüll Melon, Mandarina Bavaria oder Ariana) einer dieser „neuen“ Hopfen. Die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, bzw. deren Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung (das Hopfenforschungszentrum Hüll) schreibt folgendes über seine Züchtung:

    https://www.lfl.bayern.de/mam/cms07/ipz/dateien/hopfen_callista_eigenschaften.pdf

    Künstlerisch und wissenschaftlich wertvolle Netzdiagramme mit bunten Linien, aparten Zacken und blumigen Beschriftungen zieren die Hopfensteckbriefe. Man hat manchmal das Gefühl, eher ein Speiseeis als ein Hopfensorte beschrieben zu bekommen. Naja, jedes Gewerk hat seinen Sprech und letztendlich ist es gut, dass es diese Orientierungen gibt. Als solche sehe ich sie letztendlich an und bin immer gut damit gefahren.

    Ich habe bereits einige Single Hop Biere mit Callista verkosten können. Sie zeigen ein ums andere Mal, dass an einem Bier mehr als nur der Hopfen „gut“ sein muss. Nehmen wir beispielsweise das Mad Callista von Craftwerk (im Übrigen der Craftbier Spielplatz der Bitburger Gruppe) ein Session Lager mit Callista gehopft. Das Ergebnis hat mich leider ein wenig gelangweilt. Das mag zwar in diesem Fall maßgeblich an dem Leichtbier-Charakter als am Callista Hopfen liegen, aber das war leider nix. Sessionbiere sind dem künstlichen Hype, den man versucht hat zu konstruieren nicht gerecht geworden. Anders sieht es da beim Single Hop IPA (SHIPA) der Kehrwieder Brauerei aus. Ein wundervolles IPA mit tollen Aromen. Oli Wesselohs bewährtes „Basis-IPA“, dieses Mal veredelt mit Callista. Wie schon gesagt … ein weiteres wunderschönes IPA seiner Reihe.

    Um aber wirklich mitreden zu können, muss ich das aber natürlich auch selbst mal ausprobieren. Als Basis habe ich mich für ein beglisches Saison entschieden. Nur gehopft mit Callista und obendrein noch dezent gestopft, um wirklich viele Aspekte der möglichen Bandbreite herauszukitzeln.

    Wieder mal gleichermaßen überrascht wie beängstigt hat die eingesetzte Hefe, die „Belle Saison„. Man muss ich das bei der Hefe so vorstellen wie mit Knabbrsachen und Partygästen. Stellt man auf den Tisch je eine Schale Nüsschen, Haselnüsse und Paranüsse. Dann futtern die Gäste zuerst die fertigen, gerösteten und gesalzenen Nüsse weg. Die hungrigen oder gierigen machen sich danach noch die Mühe und schälen sich die Erdnüsse. Um danach noch die steinharten Paranüsse zu knacken muss man hoch motiviert oder unfassbar gefräßig sein. So ist das auch mit der Hefe. Die Nusssorten sind die Zuckersorten und die Hefe ist der Partygast. Manche Hefesorten hören nach den Ein- und Zweifachzuckern (Dextrose, Maltose , Glucose) auf. D.h. der sogenannte Vergärungsgrad ist eher niedrig. Manche Hefesorten gehen danach noch mehr oder weniger die längerkettigen Zuckermoleküle. Je nachdem wie komplex die Zucker dann werden steigen nach und nach die Hefen aus.

    Im Falle der „Belle Saison“ kann man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von einer „Essstörung“ sprechen. Sie ist so ziemlich der gierigste und gefräßigste Partygast, den man sich vorstellen kann. Vergärungsgrade von 99% sind hier keine Seltenheit. Man hat das Gefühl, wenn man ein Nackensteak ins Gärfass werfen würde, wäre selbst das nicht sicher vor ihr. Ein Effekt, der dadurch entsteht ist, dass aus relativ gemäßigten Stammwürzewerten, Biere mit überdurchschnittlich hohen Alkoholwerten entstehen. Im Falle meines Callista-Saisons startete die Hefe bei einer Stammwürze von 13,3°Plato und erreichte einen (scheinbaren) Endvergärungsrgrad von besagten 99%. Das macht einen Alkoholgehalt von rund 7,1%. Das Fatale daran ist, dass man dies meist nicht schmeckt, da die belgischen Aromafacetten und die hellen Malze das Bier erfrischend leicht anmuten lassen.

    Seit der 1. Märzwoche ist die Hälfte des Saisons nun im 9 Liter NC-Keg und die andere Hälfte in altbewährten 0,5 Liter Flaschen.


  2. Sud Nr. 70 – „Fermentus Belgian IPA“

    Juni 5, 2017 by Heiko

    Der Vergärungsgrad und das Geschmacksprofil der Mangrove Jacks Belgian Triple Hefe haben mich so begeistert, dass ich es zu schade gefunden hätte die geernete Hefe in den Ausguss zu schütten. Ferner haben sich im Gefrierfach viele Reste toller Hopfen angesammelt, die feine Stopfaromen versprechen. Lange Rede kurzer Sinn … Bilder sagen mehr als 1000 Worte.

    Das Rezept:

    Ausschlagmenge: 19l
    Stammwürze: 15.4°P
    Alkohol: 6.8%vol
    Bittere: 59IBU
    Farbe: 15EBC

    Schüttung:
    2000g Wiener Malz (37%)
    2000g Maris Otter Malt (37%)
    500g Haferflocken (9%)
    300g Karamellmalz Belgisch (6%)
    300g Münchner Malz Typ II (6%)
    250g Rauchmalz (5%)

    Zusätze:
    10g Koriander (10min Kochen)

    Wasser:
    Hauptguss: 23l
    Nachguss: 4.5l

    Maische:
    5350g Schüttung Einmaischen in 23 Liter Wasser mit 70°C ergibt 67°C. 70 Minuten Rast.
    Aufheizen auf 0°C. 78 Minuten Rast.
    Abmaischen wenn Jodnormal

    Hopfen:
    25g Yellow Sub Pellets 6%α zur Vorderwürze, 90min Kochen
    25g Yellow Sub Pellets 6%α 70min Kochen
    20g Amarillo Pellets 8.9%α 5min Kochen
    20g Cascade Pellets 6.8%α 5min Kochen

    1. Runde
    30g Cascade Pellets 6.8%α 6 Tage Stopfen
    70g Comet (USA) Pellets 10%α 6 Tage Stopfen

    2. Runde
    40g Simcoe Pellets 12.9%α 6 Tage Stopfen
    30g Amarillo Pellets 8.9%α 6 Tage Stopfen
    10g Comet (USA) Pellets 10%α 6 Tage Stopfen

    Hefe:
    Craft Series M31 Belgian Tripel, Gärung bei 23°C


  3. Sud Nr. 62 – „Thekla Wit“

    August 21, 2016 by Heiko

    Seit Monaten, ja Jahren, schiebe ich immer und immer wieder meinen Plan nach hinten, endlich mal ein Original Belgisches Witbier zu brauen. Nach 2monatiger Brauabstinenz und mit viel Kribbeln in den Fingern habe ich am Sonntag endlich den Braumeister „entstaubt“ und mich motiviert ans Werk gemacht. Die Vorfreude wurde durch das Wetter ein wenig getrübt und der Gartenbrautag musste zu einem Kellertreppenbrautag umgeplant werden. Die ganze Woche waren es 28°C und auch die kommende Woche soll’s hochsommerlich werden, aber ausgerechnet Samstag und Sonntag war leider mehr als bescheiden. Aber das konnte meine Vorfreude nicht trüben.

    Wat? Wit?

    Ein Witbier ist ein belgischer Weizenbierstil, der sich insbesondere durch seine helle strohgelbe Farbe und den dezenten Einsatz von Koriander und Orangenschalen kennzeichnet.

    organgenschalen

    Sieht zwar aus wie trockene Brotkrümel, sind aber getrocknete Orangenschalen.

    koriander

    Geröstete und zerstoßene indische Koriandersamen … duften herrlich.

    Die eindimsionalen Reinheitsgebotfanatiker schalten jetzt bitte ab und die Bierenthusiasten dürfen weiterlesen.

    Rohfrucht und Enzyme

    In einem Witbier kommt neben klassischen Braumalzen anteilig auch „Weizenrohfrucht“ zum Einsatz. Dabei handelt es sich ganz schlicht um unvermälztes Getreide. Im rohen Korn sind keine aktiven Enzyme enthalten. Diese sind für den Brauprozess allerdings von essentieller Bedeutung und werden erst durch das Mälzen im Korn gebildet. Maßgeblich sind hier die Alpha- und Beta-Amylase, die die Stärke (also ein Polysaccharid = Mehrfachzucker) im Korn zu kurzkettigen Zuckermolekülen aufspalten. Unter diesen Enyzymen sind zudem Proteasen zum Aufspalten von Eiweißverbindungen, Cellulasen zum Abbau von Cellulose und noch einige andere. D.h. eine Maische aus 100% Rohgetreide würde nie zu einer süßen Bierwürze werden. Bei diesem Rezept ist dies natürlich nicht der Fall, da die Enzyme im ebenfalls verwendeten Gerstenmalz in der Lage sind, die Stärke aus dem unvermälzten Weizenkorn mit zu verstoffwechseln, so dass auch hier am Ende eine Bierwürze steht, in der keine Stärke mehr (mit Hobbybrauerhilfsmitteln) nachgewiesen werden kann.

    Aber warum macht man das überhaupt? Nun, unvermälzter Weizen ist sehr hell und die Geschmacksintensität eher gering. Dadurch entstehen helle, schlanke Biere. Die schlanke Grundstruktur des Bieres schafft Entfaltungsspielräume für die Aromen, die durch den Einsatz der Gewürze und der eingesetzten belgischen Hefe ins Spiel kommen. Zudem erzeugen die Eiweißverbindungen im rohen Korn einen schönen stabilen Schaum und geben dem Bier Textur.
    Und nur um dem vorzubeugen: Ein Wit schmeckt nicht wie ein Kräutersud, der wie Omma’s Fußsalbe müffelt. Die Gewürze erzeugen ein frisches Zitrusaroma (ja, auch der Koriander) und das Bier bekommt eine hohe „Drinkability“, wie man schön im Neuhochdeutschen sagen würde.

    Kommerzielle Vertreter

    Wer mal ein kommerzielles Witbier probieren möchte, findet im gut sortieren Handel gerne man diese Version der belgischen Brauerei von Hoegaarden. Das findet man inzwischen nicht selten im Getränkemarkt um die Ecke. Oder auch das „Witte“ von La Trappe gibt’s gerne mal bei Edeka oder REWE im Bierregal, wobei es bessere Vertreter gibt – finde ich zumindest. Auch die Köstritzer Brauerei hatte in seinen Editionsbieren mal ein Wit am Start. Ebenfalls ganz okay, aber mir nicht authentisch genug. Oder er oder sie kommt einfach in 6 Wochen bei mir vorbei und probiert mal meine Version.

    Das Brauen an sich war recht entspannt, aber die Sudhausbeute war sehr sehr schlecht. Mit 60% Ausbeute hatte ich geplant, die in 10 Liter mit 12,6° Plato resultieren sollten. Letztendlich waren das dann nur knapp 9 Liter und nur 54% Ausbeute. Ich denke der hohe Rohfruchtanteil und die mangelnde Erfahrung damit waren die Ursache dafür.

    Und ja … der Biername?

    Der ist meine persönliche, nicht ganz ernst gemeinte Hommage an Thekla Carola Wied Wit. Nicht weil ich „Ich heirate eine Familie“ so geil fand, sondern eher weil ich dem schlechten Wortspiel nicht widerstehen konnte.

    Hier mein Rezept:

    Rezept „Fermentus Thekla Wit“

    Ausschlagmenge: 10l
    Stammwürze: 12.6°P
    Alkohol: 5.1%vol
    Bittere: 17IBU
    Farbe: 7EBC

    Schüttung:
    1200g Pilsner Malz (52%)
    900g Weizenflocken (39%)
    100g Karamellmalz Pils (4%)
    100g Sauermalz (4%)

    Zusätze:
    6g Orangenschale (10min Kochen)
    4g Koriander (5min Kochen)

    Wasser:
    Hauptguss: 12l
    Nachguss: 3l

    Maische:
    2300g Schüttung Einmaischen in 12 Liter Wasser mit 51°C ergibt 50°C. 10 Minuten Rast.
    Aufheizen auf 55°C. 20 Minuten Rast.
    Aufheizen auf 62°C. 35 Minuten Rast.
    Aufheizen auf 72°C. 25 Minuten Rast.
    Abmaischen bei 78°C  wenn Jodnormal

    Hopfen:
    3g Herkules Pellets 17.3%α 70min Kochen
    5g Tettnanger Pellets 4.1%α 10min Kochen

    Hefe:
    Craft Series M21 Belgian Wit, Gärung bei 22°C

    Inspiriert durch: http://www.maischemalzundmehr.de/index.php?id=178&inhaltmitte=recipe